#aufloesung

„Auf subtile Weise thematisiert Peter Baldinger die Täuschung als ein mediales politisches Instrument und visualisiert sie auf Plakaten. Wir wissen längst, dass eloquent geäußerte Fake-News nur bedingt den Fakten standhalten, uns letztere aber durch die unverzügliche und selbstsichere Äußerung der Protagonisten verunsichern.
Und genau dieser Moment wird für Peter Baldinger zur Initiale für sein künstlerisches Schaffen, dem seine – die Wahrnehmung verunklärende – Technik diesbezüglich sehr entgegenkommt.“

Alfred Weidinger
(Direktor, Museum der bildenden Künste, Leipzig)


Sujet 1 (Peter Baldinger, Fake News #5, Aquarell auf Bütten, 104x71 cm, 2018)

Ausgangspunkt für Baldingers Fake News Sujet war das berühmte Foto von Annie Leibovitz, das nur wenige Stunden vor John Lennons Ermordung entstand, und im Jänner 1981 das Cover des Rolling Stones Magazin war. Die Szene scheint uns sehr vertraut. Tatsächlich zeigt das Bild allerdings nicht Yoko Ono wie das Originalfoto, sondern Claudia Schiffer, die damals erst zehn Jahre alt war.

© Getty Images
© Annie Leibovitz


Sujet 2 (Peter Baldinger, Fake News #6, Aquarell auf Bütten, 104x71 cm, 2018)

Zahlreiche Fotos zeigen Vladimir Putin mit einem Blumenstrauß in der Hand. In Baldingers Adaption erscheint der russische Machthaber mit Blumen und in Eintracht mit Nadja Tolokonnikova. In Wirklichkeit wurde die politische Aktivistin mitsamt ihrer Band Pussy Riot fast zwei Jahre lang im sibirischen Straflager interniert, nachdem diese besonders medienwirksam mit einem Punk-Gebet in der Moskauer Christerlöserkirche gegen ihn protestierten.

 

© Sputnik/Dimitry Astachov
© Getty Images


Sujet 3 (Peter Baldinger, Fake News #7, Aquarell auf Bütten, 104x71 cm, 2018)

Das posthume Mozart-Porträt von Barbara Krafft prägt unser romantisiertes Bild des Musikgenies. Der Ruhm des Reality Stars Kim Kardashian hingegen basiert auf der medienwirksamen Inszenierung und Verbreitung von Selfies. In Baldingers Fake-Sujet drängt sich die Selbstdarstellerin vor Wolfgang Amadeus Mozart, der tatsächlich schon 200 Jahre vor ihrer Geburt gestorben ist.

© The Bridgeman Art Library
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Sujet 4 (Peter Baldinger, Fake News #8, Aquarell auf Bütten, 104x71 cm, 2018)

Das Sujet zeigt Johnny Rotten, den Frontman der britischen Punk-Band Sex Pistols, fröhlich vereint mit Queen Elizabeth II. In Wirklichkeit löste der Sex Pistols Song God save the Queen, den die Band am Geburtstag der Monarchin auf einem Themse-Schiff zum Besten gab, einen handfesten Skandal und Verhaftungen aus.

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© OBS

Das sind die im Internet vorgefundenen Pressefotos, aus welchen die Montagen für die Fake News-Sujets generiert wurden.


Fake News

Der öffentliche Raum ist ein Ort des Austausches und der visuellen Kommunikation. Menschen werden mit einer Vielzahl von Botschaften konfrontiert, die Handlungs- bzw. Denkanweisungen geben wollen.

Diese Einflussnahme – die häufig unterhalb der Kognition abläuft – aktiviert, konfrontiert und löst Prozesse auf verschiedenen Bewusstseinsebenen aus. Die Wahrnehmung der Botschaft hängt natürlich vom individuellen Blickwinkel ab, wobei das subjektive Erleben oft zur objektiven „Wahrheit“ erhoben wird.

Erliegt man dabei aber auch Täuschungen? Wie verschmelzen der öffentliche und private Raum in einer digitalisierten Gesellschaft, in der jeder Einzelne Botschaften und Nachrichten und damit Wirklichkeiten erzeugen kann?

Peter Baldinger setzt sich seit Jahren mit der digitalen Bildtechnologie und Mediengewalt auseinander, unter anderem aufgrund seiner früheren Tätigkeit als Journalist.

Seit mit Fake-News die Täuschungsabsicht wesentlicher Teil des medialen und politischen Diskurses und Alltags geworden ist, sind Baldingers Fragen nach Rezeptions- und Interpretationsprozessen aktueller denn je.